(A. Billen) Am 11. März 2017 fand das Symposium „H5N8: Veterinäre, gefangen zwischen Wissenschaft und Politik“ statt. Hierzu hatte der RGZV „Cimbria“ v. 1876 Flensburg e. V. nach Herne eingeladen. Das Thema Vogelgrippe und die damit von staatlicher Seite angeordnete Aufstallung unserer Hühner etc. waren das Thema.
Während dieses Symposium sprachen die folgenden Referenten, die uns Geflügelhalter, entgegen der seit Monaten vorgegaugelten Wildvogel-Theorie eines einzelnen Institutes, fachlich belegbare Thesen nahe brachten:
– Hr. Michael von Lüttwitz, Biologe, EV VHGW, Chefredakteur
– Hr. Hermann Garretsen, Garvo
– Hr. Dr. Peter Petermann, Ornithologe vom WAI
– Herr Univ.-Prof. Dr. med. S. Bhakdi (Infektiologe)
– Frau Univ.-Prof. Dr. rer. nat. K. Reiß (Biochemikerin, Zellbiologin)
– Hr. Mathias Güthe (Initiator Arbeitsgemeinschaft VogelFrei Cimbria, 1. Vors. RGZV Cimbria, Flensburg)
Herr von Lüttwitz referierte über die derzeitige Situation der Geflügelhalter in Deutschland. Er sprach über die derzeitige Leidensituation unseres Geflügels. Die Tiere sind seit Monaten, entgegen ihres natürlichen Verhaltens, zwangseingepfercht. Die Ammoniakbelastung, sowie die Keimbelastung sind derzeit in den Ställen für die Tiere unerträglich hoch. Das Gefieder der Tiere leidet, da es nicht Licht, Sonne, Wind und Regen ausgesetzt ist. Durch den Lichtmangel entstehen Probleme beim Kalziumstoffwechsel. Die molekulare Zellstruktur der Tiere leidet und somit leidet auch die Lebensqualität der Tiere. Er forderte, dass die Gesetzeslage der Realität entsprechen muss.
Das gesundes, ausgewogenes Futter für die Ernährung und Gesunderhaltung der Tiere wichtig sind, darüber sprach Hr. Herman Garretsen. Er zeigte auf, dass die derzeitige andauernde Stresssituation unserer Tiere dazu führt, dass die Verdauung leidet, Mineralstoffe schlechter aufgenommen, die Verdauung sich vom Dünndarm Richtung Dickdarm verschiebt, Giftstoffe somit schlecht oder gar nicht abgebaut werden können und unsere Tiere dadurch krank werden.
Dr. Peter Petermann stellt die langläufige These der Übertragung der Vogelgrippe durch den Zug- bzw. Wildvogel in Frage. Sondern er zeigte auf, dass die Konzentration der globalen Geflügelwirtschaft wohl Auslöser der Vogelgrippe ist. Denn es gibt keinen Vogel, der in so großer Zahl tagtäglich unterwegs ist, wie das Eintagsküken. Wir sprechen hier von einer Größenordnung von 250.000.000 bis 300.000.000 Tieren mit einem Jahresumsatz von bis zu 450.000.000 € jährlich. Auf ihrem Weg vom produzierten Ei über das geschlüpfte Küken hin zum gemästeten, schlachtreifen Tier, wird das Geflügel über unsere Autobahnen transportiert. Nachweislich ist die Dichte der Infektionen durch das H5N8-Virus gerade an den Transportwegen besonders hoch.
Und nicht nur in Deutschland, sondern auch in der EU, sogar bis nach China werden Geflügelprodukte vertrieben und verkauft. Wobei nicht nur der Verkauf, sondern auch die Entsorgung des Mistes aus den Ställen auf Feldern, sowie schon eine einzige Feder eines infizierten Tieres, das Virus weiter trägt.
Nach einer kurzen Mittagspause, in der sich alle Teilnehmer rege über das bereits Erfahrene austauschten, sprachen anschließend die Professoren Karina Reiß und Sucharit Bhakdi. Beide kommen aus der Humanmedizin und sind in ihren Bereichen sehr erfolgreich und angesehen. Was sie antreibt sich intensiv mit dem Thema Vogelgrippe zu beschäftigen, ist der Umgang mit lebenden Tieren und der tagtägliche Bruch mit geltenden Gesetzen. Hier verwiesen beide auf das derzeitig geltende Tierschutzgesetz, in dem es verboten ist, Wirbeltiere ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Durch die Aufstallanordnung werden wir Geflügelhalter tagtäglich von Amtswegen dazu gezwungen, gegen geltendes Recht zu verstoßen, da unsere Tiere in ihren Ställen leiden.
Durchaus verständlich wurde uns Teilnehmern ein vernünftiger Umgang aller Beteiligten mit dem H5N8-Virus bzw. generell mit Viren aufgezeigt.
Dr. Wolfgang Grimme, er zeichnet er sich seit einigen Jahre verantwortlich für den Biolandbetrieb Gut Wardow in Mecklenburg-Vorpommern. Er hat u. a. in seinem Betrieb mobile Hühnerwagen mit der Zweitnutzungsrasse Le Bleu im Einsatz. Er zeigte uns auf dramatische Weise den Verfall seiner Tiere auf. Durch die Aufstallung seiner sonst in Offenstallhaltung ganzjährig lebenden Tiere, die sich nur zur Nacht, zur Eiablage oder zur Futteraufnahme in den Hühnerwagen begeben, leiden die Tiere, da sie in der räumliche, auferzwungenen Enge des Mobilstalles keine Möglichkeiten haben, sich aus dem Weg zu gehen, die Qualität des Fleisches und auch die Anzahl der täglich gelegten Eier geht dramatisch zurück, die Tiere leiden. Es fehlen Federn, die unwiderbringlich verloren sind – Thema Federpicken, Kannibalismus. Mit ihm zusammen geht die Aktion Vogel frei den rechtlichen Weg, da nur so, aus Sicht aller, die Gesetzeslage zum Wohle der Tiere geändert werden kann.
Mathias Güthe stellte noch die rechtliche Lage da, bevor es zur offenen Diskussionsrunde kam. Da auch zwei Veterinäre vom Kreis Recklinghausen der Einladung gefolgt waren, meldeten sie sich zu Wort und eine emotionale, dennoch sachlich geführte Diskussion folgte.
Besonders emotional berührt hat alle Teilnehmer die Aussage eines Zücherkollegen aus den neuen Bundesländern, der uns von einem Hobbyhalter berichtete, bei dem bei einem seiner Hühner H5N8 festgestellt worden ist. Das tote Tier wurde in das uns allen hinlänglich bekannte Institut zur Beprobung geschickt und letztendlich dort dann H5N8 festgestellt. Dadurch wurde eine Maschinerie in Gang gesetzt, die ihres gleichen wohl suchen musste. Nicht berechtigte Personen nahmen die Keulung der Tiere vor. Der Mann, so erzählte uns der Züchterkollege, wurde nachts wach, da er die Flügelschläge seiner sterbenden Tiere noch immer hörte. Vor einigen Tagen ist dann dieser Züchter aus Kummer für immer eingeschlafen. Er wurde nur 65 Jahre alt.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass in unserer Gesellschaft ein generelles Umdenken mit dem Leben erfolgen muss. Geiz ist nicht geil, Geiz treibt Tiere in Leiden und Qualen ungeahnten Ausmaßes und uns Züchter dazu Gesetzesbrecher werden zu müssen. Es geht dabei auch um unsere Lebensqualität. Sei es nun als Konsument oder als Halter, der sein ganzes Herzblut in die Tiere steckt.